El Rojo / El Rocho – Der Töter / Rojo

Die Familie Sorenson wird angeblich von Indianern massakriert, wobei auf dem Land eben dieser Familie Jahre später das Städtchen Gold Hill blüht und gedeiht. Eines Tages reitet El Rojo in die Stadt ein, während die vier Gründerväter, einer nach dem anderen, plötzlich zu Tode kommen. Fast zur gleichen Zeit taucht noch ein weiterer Fremder auf, der auffallendes Interesse an El Rojo zeigt…

Bei El Rojo handelt es sich um einen Italo-Western mit Thriller-Einflüssen, denn Richard Harrison hat eine Rechnung mit vier Würdenträgern eines Städtchens zu begleichen, die einst in ein Massaker verwickelt waren. El Rojo ist gleichzeitig als ein recht unausgeglichener Film zu bezeichnen, mit einem Hauptdarsteller, der ohne ersichtlichen Grund El Rojo, der Rote, genannt wird. In der Eröffnungssequenz werden die Sorensons, eine Familie skandinavischer Siedler, offenbar von „Indianern“ massakriert. Etwa zwanzig Jahre später trifft ein Fremder in der Stadt Gold Hill ein, die genau an der Stelle errichtet worden ist, wo das Massaker damals stattgefunden hat. Zur gleichen Zeit erhalten die vier Gründerväter Lasky (Piero Lulli, als Peter Carter gelistet), Navarro (Mirko Ellis), Ortega (Andrea Aureli, als Andrew Ray aufgeführt) und Wallace (Franco Ressel, als Frank Ressel gelistet) – denen die Stadt praktisch gehört – die Nachricht, dass sie alle den Tod verdient haben. Daraufhin beginnt der Fremde El Rojo sie einen nach dem anderen umzubringen und wird dabei von dem „Indianer“ Cochise (Gaetano Scala) – der Zeuge des Massakers gewesen ist – sowie dem Handelsreisenden José Garibaldi (José Jaspe) – der sich als Erfinder raffinierter Feuerwaffen entpuppt – unterstützt.

El Rojo ist außerdem noch als ein ziemlich bizarrer Film zu beschreiben. Die Eröffnungssequenz mit dem Angriff der „Indianer“ auf die Sorensons ist entsetzlich in Szene gesetzt worden und muss zu den schlechtesten bzw. schwächsten Szenen des gesamten Genres gezählt werden. Doch der Streifen entwickelt sich im Laufe der Handlung glücklicherweise immer mehr zum Besseren hin, ist dabei genauso episodenhaft aufgebaut, wie Joko invoca Dio… e muori (Fünf blutige Stricke, 1968) – ein anderer, guter Rachewestern mit Richard Harrison sowie Claudio Camaso – und hat eine komplexe, gut durchdachte Detektivgeschichte zu bieten, die mehr dem Motto „Was und wie ist es geschehen?“, als der Frage „Wer ist der Täter?“ nachgeht. Von Anfang an ist klar, dass die Bosse der Stadt für die Ermordung der Siedlerfamilie verantwortlich sind und dass sich Donald ‚El Rojo‘ Sorenson an ihnen rächen will, doch erst im Finale wird enthüllt, was wirklich passierte und was eigentlich das wahre Ziel des Verbrechens gewesen ist. Dieser Aspekt wurde recht gut ausgearbeitet, aber leider stellt er das einzige Handlungselement dar, das richtig entwickelt wurde, in einem Film, in dem es von losen Enden nur so wimmelt.

Richard Harrison spielt, wie gewohnt, ziemlich hölzern und wirft manchen Damen sowie Herren hin und wieder Zuckerstückchen zu. Aus welchem Grund er das tut, wird zu keinem Zeitpunkt des Films ersichtlich, oder etwa doch? Die von José Jaspe gespielte Figur José Garibaldi ist jedoch recht interessant angelegt worden: In der englischen Fassung bezeichnet er sich als Veteran des Amerikanischen Bürgerkriegs, doch in der italienischen und deutschen stellt er sich als Italiener sowie Ex-Garibaldino vor, ein Freiwilliger, der Giuseppe Garibaldi während seines Feldzugs in Süditalien gefolgt ist. Danach siedelte er in die USA über und nutzt nun seine Kriegserfahrungen, um El Rojo – in Anlehnung an Q aus den James-Bond-Filmen – mit seinen neuesten Erfindungen zu versorgen.

Das Komische daran ist nur, dass die meisten seiner Kreationen (ein angeblich einzigartiges Gewehr und eine Pistole mit Schalldämpfer) im Film zwar erwähnt oder kurz gezeigt werden, jedoch nie oder nicht richtig zum Einsatz kommen. Neben El Rojo reitet auch noch ein weiterer Fremder (Angelo Boscariol) in Gold Hill ein, der den Film wie das Phantom der Oper heimsucht, ein mysteriöser Revolverheld (in der englischen Fassung Black Bart, in der italienischen Nero Rourke und in der deutschen Fassung Der Maskierte genannt), der sein verunstaltetes Gesicht hinter einer Maske verbirgt. Er taucht plötzlich einfach so ohne besonderen Grund auf und verschwindet auch beinahe genauso schnell, um dann in den letzten Momenten des Films wieder ganz plötzlich aufzutauchen, El Rojo den Zigarillo aus der Hand zu schießen und ihm mitzuteilen, sie würden doch ein gutes Gespann abgeben, der Maskierte und El Rojo – Der Töter. Ein beinahe surreales Ende eines ohnehin schon seltsamen Films. Ach ja, neben Nieves Navarro, die Laskys Mätresse Consuelo spielt und auch den gelungenen Titelsong To The West zum Besten gibt, machen zudem noch weitere bekannte Genre-Gesichter, wie Raf Baldassarre (als Raf Baldwin aufgeführt), Tom Felleghy, John Barta und Giovanni Ivan Scratuglia (als Ivan Scratuglia gelistet) ihre Aufwartung.

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Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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